Hands on: ROSAs Recherche in Athen

Wir melden uns mal wieder mit einem Update unserer Arbeit in den vergangenen Wochen zurück!

Endlich haben wir geschafft, was wir schon lange vorhatten, was Corona lange erschwert hat und was uns auch immer wieder als konstruktiver Kritikpunkt auf der Tour de ROSA von Euch mitgegeben wurde.

Wir waren endlich am zukünftigen Einsatzort von ROSA! Wir waren in Griechenland, haben Projekte besucht, Organisationen kennengelernt, selbst 4 Wochen in einem Supportprojekt mit geholfen und waren dadurch in der Lage, unser Konzept zu diskutieren und handfeste Pläne zu schmieden, wie der Rolling Safespace die Hilfe leisten kann, die wirklich gebraucht wird. Wir durften an einem monatlichen Treffen aller aktiven (Grassroot-)Organisationen in Athen teilnehmen und dort erzählen, was wir mit dem Rolling Safespace genau vorhaben. Vertreten waren Organisationen wie: Medial Volunteers International und Greek Council for Refugees (GCR), aber auch kleinere Projekte wie Lighthouse Relief und Hope Cafe Athens.

Besonders spannend war für uns, Vertreterinnen von AMURTEL Greece zu treffen, da die Organisation bereits mit Frauen* auf der Flucht arbeitet und teilweise auch Hebammen in den Unterkünften bereitstellt.

Das Fazit des Treffens ist: Einen sicheren Ort für Frauen* auf der Flucht in den Geflüchtetenunterkünften bereitzustellen wird schwierig, aber es kann funktionieren! Und das wichtigste: es wird dringend gebraucht! Alle Organisationen bestätigten uns den Bedarf einer Betreuung von Frauen* auf der Flucht und es wurden direkt weitere Ideen zu notwendigen Hilfsangeboten geschmiedet – dringend gebraucht werden zum Beispiel auch Frauen*häuser¹ in Athen, da viele Unterkünfte auf griechischen Inseln wie Lesbos geschlossen und die Menschen auf das Festland gebracht werden, woraufhin sie oft obdachlos in Athen verbleiben.

Nach einigen Tagen in der Stadt und dem Kennenlernen der ansässigen Hilfsstrukturen hatten wir zunächst ein seltsames Gefühl. Es gibt bereits eine Vielzahl an Organisationen, welche auf unterschiedliche Weise den Geflüchteten auf der Straße helfen. Die aktuell wichtigste Thematik schien Housing zu sein, also Unterkünfte für die ganzen Menschen in der Stadt zu finden, ebenso wie die (Essens-)Versorgung der auf der Straße Lebenden  – denn der Winter naht.

Uns wurde davon abgeraten, innerhalb von Athen aus einem Auto heraus zu arbeiten. Große Ansammlungen von geflüchteten Menschen vor einem solchen Fahrzeug erregen Aufmerksamkeit bei der Polizei, sodass das Projekt nicht lange arbeiten könnte. Gleichzeitig haben viele der obdachlosen Menschen keine Möglichkeit einer legalen Registrierung zum Flüchtlingsstatus, weshalb jeder Polizeikontakt für sie enorm gefährlich sein kann.
Uns wurde vorgeschlagen, einen Saferspace für Frauen* in Athen in gemieteten Räumlichkeiten aufzumachen. Auch haben wir Kontakt geknüpft mit Organisationen wie Safeplace International, die bereits einen Ort für LGBTQIA+ Menschen geschaffen haben und bereit wären, ihre Räumlichkeiten mit uns zu teilen.

Nach einiger Überlegung fiel uns auf, woher das seltsame Gefühl in uns kommt: Die Idee der Saferspaces in bestehenden Community Centern innerhalb der Stadt ist sehr weit weg von unserem ursprünglichen Konzept einer mobilen Anlaufstelle, die wir ja gerade dafür konzipiert haben, um die Menschen zu erreichen, die eben keinen Zugang zur Infrastruktur innerhalb der Stadt haben (obwohl natürlich auch in der Stadt das Angebot weit von dem Bedarf übertroffen wird).

Nach weiteren Gesprächen und Treffen wurde dann aber auch wieder klar: es gibt sie, die Frauen*, die in den Sammelunterkünften außerhalb der großen Städte leben und aufgrund von Traumatisierungen, zu betreuenden Kindern oder Ängsten nicht den Weg einer Zugreise auf sich nehmen, um städtische Hilfsangebote zu nutzen. Während unserer Arbeit bei foodKIND, eine der vielen kleinen Organisationen, die in den Unterkünften außerhalb Athens aktiv ist, konnten wir Einblicke in diese Unterkünfte gewinnen. Das Bild war ein sehr diverses, jedoch war augenscheinlich, dass oft nur sehr begrenzt Unterstützung durch NGOs in den Unterkünften angeboten wird und somit gerade traumatisierte oder durch Kinder oder körperliche Einschränkungen weniger mobile Frauen* keine*n direkte*n Ansprechpartner*innen aufsuchen können. Diese Menschen sind unsere Zielgruppe. Wir wollen die Hilfe zu diesen Frauen* bringen, weil präventive Arbeit auch bedeutet, dass es wenig Barrieren gibt, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine einstündige Zugfahrt aus der Unterkunft nach Athen ist eine solche Barriere. Der Rolling Safespace soll also zu den Unterkünften rund um Athen fahren und dort mithilfe von Gesprächskreisen, einem Sportprogramm und Kinderbetreuung einen Anlaufpunkt für Frauen* schaffen.

Auch wenn wir nun wissen, dass es diese Frauen* gibt, wir sie unterstützen möchten und unser ursprüngliches Konzept hierfür passend ist, bleiben einige Fragen offen. Seit Beginn der Projektentwicklung erfahren wir, dass es zunehmend schwieriger wird, in und um den Geflüchtetenunterkünften aktiv zu sein (es Bedarf einer Registrierung als griechische NGO, die oftmals über ein Jahr in Anspruch nimmt und außerdem einer Erlaubnis von der Verwaltung der Unterkunft, die nicht mehr so oft vergeben wird). Diese Hürden sind der Grund, weshalb es bislang wenig bis keine (feministische) Unterstützung in Geflüchtetenunterkünften gibt und der Großteil dieser Strukturen im Zentrum Athens arbeiten. Und genau deshalb wollen wir versuchen, den Rolling Safespace dorthin zu bringen. Wir glauben daran, dass es klappen kann, und sind bereits mit hierfür wichtigen Personen vernetzt, wodurch sich Möglichkeiten öffnen.

Der Rolling Safespace wird gebraucht. Es herrscht akuter Mangel an Hilfeleistungen für Frauen* und Mütter*. Es gibt bereits lokale Organisationen, die großartige Arbeit leisten, aber es gibt auch immer noch viel zu tun. Es sollte nicht die Aufgabe der Zivilbevölkerung sein, diese Arbeit zu stemmen und immer wieder neue Hilfsangebote und Unterstützungsstrukturen aufzubauen, um den Menschen zu helfen, die eigentlich vor einem Elend fliehen. Doch solange die europäischen Regierungen auf ihrem eigenen Kontinent Menschenrechte verletzten und verletzen lassen, sehen wir unsere Aufgabe als NGO, hier aktiv zu sein.
Wir sind mehr als beeindruckt von der guten Vernetzung der Projekte vor Ort und sind motiviert, Teil dieses Netzwerkes zu werden!

Mit diesen Eindrücken und Kontakten im Gepäck möchten wir schon bald zur ersten Testmission im Frühling 2022 aufbrechen. Damit wir bis dahin ein geeignetes Fahrzeug ausbauen können, und dann auch wirklich kontinuierlich einen sicheren Ort für Frauen* bereitstellen können, brauchen wir jetzt Eure Unterstützung!
Werdet Mitglied, teilt unsere Kanäle auf Social Media, Spendet und erzählt all Euren Freunden von ROSA! Wir machen das nur gemeinsam, aber dann wird’s richtig gut!

Eure ROSAs

 

¹ Frauen* benötigen eigene sichere Unterkünfte da diese besonders gefährdet sind, sexualisierte Gewalt in den Wohnunterkünften zu erleben. Im Fall einer Anzeige der Täter ist es jedoch für die Frauen* unmöglich an den selben Wohnort zurück zu gehen, da häufig eine Mediation, also ein Klärungsgespräch zwischen betroffener Person und Täter als Lösungsansatz vorgezogen wird.